Veröffentlicht im Schweinfurt Express am 16.10.2007 (www.swex.de):

 

Gleich   zwei   neue   CD´s   des   Songwriters Eckhard   Naujoks

 

Schweinfurt (16.10.2007) - Den Termin sollte man sich vormerken: Am 22. Februar 2008 lädt Eckhard Naujoks zur CD Release Party in die Havanna Lounge ein. Eigentlich veröffentlicht er sogar zwei CD´s: eine englische Langspielplatte „DANCE WITH THE MASTERS" und eine Single „DEUTSCHLAND SUCHT DEN SUPERSTAR".

 

„Die englische hatte ich vor zwei Jahren schon einmal als Demo produziert. Jetzt handelt es sich um eine professionelle und auch umfangreichere Produktion“, erklärt der aus Schweinfurt stammende Songwriter, mit dem wir uns im Vorfeld unterhalten haben.

 

Frage: Hallo Eckhard, du hast eine CD mit dem Titel „Dance with the Masters" aufgenommen. Wie kam es zu den Lieder, was hat Dich inspiriert?

 

Naujoks: Viele der Lieder schrieb ich auf einer längeren Reise durch Asien und Nordamerika und sie sind sehr aus dem Augenblick inspiriert, so dass auch jedes Lied seine eigene Geschichte hat. Jedenfalls, als ich von der Reise zurückkam, hatten die Lieder für mich nichts an Aktualität verloren und ich wollte sie auf keinen Fall in einer Schublade verschwinden lassen. So habe ich mich daran gemacht, sie in Konzerten vorzutragen und jetzt auch auf einer CD.

 

Frage: Die CD klingt sehr professionell. Wie hast Du es geschafft, so ein hohes Niveau zu erreichen?

 

Naujoks: Ich kann immer noch nicht glauben, welche Musiker ich für die CD gewinnen konnte. Vorneweg muss ich Ron Spielman nennen, der auch die CD mit mir in Berlin produziert hat. Doch es sind allesamt Weltklasse Musiker. Aus der unterfränkischen Region kommen noch Andi Obiglo am Klavier und Michael Schmitt an der Geige. Die anderen Musiker kommen aus Berlin, wie Michael Kersting, Björn Werra, Shannon Callahan. Die CD wurde mit viel Liebe zum Detail aufgenommen und wir haben uns bemüht, jedes Lied in seinem eigenen Charakter zu arrangieren.

 

Frage: Du veröffentlichst eigentlich zwei CDs - die bereits erwähnte englische Langspielplatte „Dance with the Masters“, aber zusätzlich auch noch eine deutsche Single mit dem Titel „Deutschland sucht den Superstar" - offenbar einer zynischen Abrechnung mit der Show. Was ist Deine Meinung zu der Sendung?

 

Naujoks: Natürlich verreiße ich die Sendung in dem Lied, doch eigentlich geht es mir um die Entwicklung der Musikszene im Allgemeinen, wofür die Show „Deutschland sucht den Superstar" ein repräsentativer Ausdruck ist. Um verständlicher zu machen, was ich meine, nenne ich ein paar Beispiele:
Noch in den 80er Jahren sagte man, das Radio macht Hits. Heute spielen sie alle Hits. Fast jeder Radiosender spielt die „Größten Hits aller Zeiten" - landauf, landab das gleiche Programm. Häufig sind sogar die Sendezeit von den großen Plattenfirmen gekauft, so dass die DJ´s gezwungen sind, deren Platten zu spielen.
Oder wenn man die Entwicklung des Rock 'n' Roll betrachtet, begann er als ein Aufruhr, eine Revolte. Alle waren sie Pioniere - nicht nur die Musiker - auch die Tontechniker, Produzenten, Manager, Radio DJ s, Redakteure und Journalisten. Es war ein Medium, dem die Öffentlichkeit viel Aufmerksamkeit geschenkt hat, das aber keiner definieren konnte und das in rasender Geschwindigkeit sich wandelte. Heute ist man bei einem Akademismus angelangt. Es gibt für alle Bereiche des Showbusiness Akademien, worauf dann sogenannte Experten ausgebildet werden, die eine Wissenschaft aus den vergangenen Strukturen machen und vorrangig Klischees aufkochen. Kurz: Was als ein Aufruhr und eine Revolte begann und die Gesellschaft schockierte und inspirierte, führte zu einem Akademismus und wurde zahm und berechenbar gemacht.
Oder wer erinnert sich noch an die letzte Auswahl des deutschen Beitrags am Eurovision Wettbewerb? Die deutsche Öffentlichkeit durfte zwischen Beiträgen von drei Interpreten auswählen: Heinz Rudolf Kunze, Roger Cicero und die Monrose. Das macht doch deutlich, dass die eigentliche Auswahl hinter den Kulissen stattfand und die deutsche Bevölkerung in nahezu beleidigender Weise als unmündig erklärt wird. Wobei gerade solche Wettbewerbe eine hervorragende Plattform sein könnten neue Talente einem größeren Publikum vorzustellen.
Was ich sagen will: eine Kultur braucht Zustrom und Erneuerung, um lebendig zu bleiben. Sie ist darin vergleichbar mit der Luft oder dem Wasser, die ohne ausreichenden Austausch und Bewegung bald zu stinken und faulen beginnen.
Um auf die Sendung „Deutschland sucht den Superstar" zurückzukommen, glaube ich aber nicht, dass eine ernstzunehmende kulturelle Belebung von dieser Sendung ausgehen kann. Die Teilnehmer müssen zwar beweisen, dass sie singen können - mehr noch, dass sie mit dem Druck, der sich während der Staffel aufbaut, und den Medien umzugehen verstehen - was ohne Frage für das Showbusiness sehr wichtig ist. Aber was sie schuldig bleiben, ist eine eigene Aussage, ein eigenes Profil - und das gewinnt man durch eigene Lieder. Und wenn sie nicht in wenigen Wochen nach der Staffel diese liefern, werden sie dastehen wie ein „schöner Umschlag mit nichts drinnen". Es ist nicht notwendig, dass sie diese Lieder selber schreiben, auch ein Elvis oder Sinatra haben nur wenige ihrer Lieder selbst geschrieben, doch sie können nicht die Cover Songs weiter singen, die sie während der Staffel gesungen haben. Im „besten" Fall wird es so ausgehen, wie man es jetzt mit Mark Medlock erlebt, der dann Dieter Bohlens Songs singt, worüber man geteilter Meinung sein kann, wie weit man das braucht.

 

Frage: Was braucht es deiner Meinung nach, um die Musikszene zu beleben? Was müsste anders gemacht werden als bei „Deutschland sucht den Superstar"?

 

Naujoks: Meiner Meinung nach braucht man überhaupt keine Superstars mehr. Die Welt hat sich an Superstars zu Tode gesehen. Und wenn man bedenkt wie Elvis 30.ster Todestag gefeiert wurde, macht das ja deutlich, dass die Stars der Vergangenheit noch sehr aktuell sind. Was aber hoffentlich nie aufhört, ist, dass Menschen sich kreativ ausdrücken, sich um Authentizität bemühen und ihr Potenzial entwickeln und dabei inspirierend auf andere Menschen wirken.
Die größten Künstler sind eigentlich Kinder, denn sie sind ständig mit Fragen beschäftigt, wie: Wer bin ich? Was ist die Welt, die mich umgibt? Wie erweitere ich mein Bewusstsein von mir selbst? Wie erweitere ich mein Bewusstsein von der Welt, die mich umgibt? - Wenn ein Kind ein Haus malt, versucht es für sich begreiflich zu machen, was ein Haus ist. Gewöhnlich kommen dann Erwachsene und erklären dem Kind, wie ein Haus gemalt werden müsse und das Kind fängt an nachzuahmen und hört allmählich auf, sich eigenständig und kreativ auszudrücken. Um auf die Musik zurückzukommen: es ist natürlich wichtig, gewisse Formen und Regeln zu integrieren, doch die größten Künstler haben diese auch immer wieder gebrochen, weil sie sich letztlich nur von ihrer Intuition führen ließen. Ich würde jedenfalls ein Format befürworten, welches nicht vorrangig Gefälligkeits- und Klischeemusik darbietet. Denn nach 50 Jahren Rock 'n' Roll haben wir eine Sprache, die für sich selber reimt und spricht. Man klaut eine Zeile hier, eine andere dort und so weiter und so fort - am Ende hat man ein Lied, von dem man nicht sagen kann, dass es ein Plagiat ist, bei dem aber auch kein kreativer Prozess statt gefunden hat. Solche Musik kann entsprechend verpackt sehr erfolgreich sein, doch liegt dann alle Bedeutung in der Verpackung und wird niemals andere Menschen wirklich inspirieren können, weil das Produkt selbst inspirationslos entstanden ist.

 

Um die Musikszene zu beleben, müsste man es ähnlich wie in der Kabarett-Szene machen, die neuen Talenten, die Ideen und Unterhaltungswert besitzen, leicht Zugang gewähren. Da gibt es TV-Shows, die neue Talente einladen, nur aufgrund einer eingesandten Video-Aufnahme, die möglicherweise zu Hause im Wohnzimmer entstanden ist. Vor allem müsste man Bands und Songwritern eine Plattform geben, die eigene Lieder vortragen. Ich glaube, dass ein Open Mic Abend in einer Stadt wie München oder Berlin mehr zu erkennen gibt, was in Deutschland an künstlerischer Kraft am Gären ist, als in all den Staffeln „Deutschland sucht den Superstar" zusammen.

 

Frage: Wenn Dieter Bohlen hier neben dir sitzen würde, was würdest du ihm sagen?

 

Naujoks: Ich hätte ihm nichts zu sagen. Der Mann ist mir egal. Wirklich. Ich spreche nur über ihn, weil er eine bedeutungsvolle Stellung in der Musikszene hat. Aber eigentlich wende ich mich an die Medienverantwortlichen und die Gesellschaft im Allgemeinen und stelle Fragen wie: Ist die Vorstellung nicht unheimlich und macht es nicht Angst, dass ein Songwriter wie Bob Dylan, käme er mit genau den gleichen Songs, derentwegen er in den 60er zum Idol einer Generation wurde und Millionen von Menschen inspirierte und inspiriert, er heute bestenfalls bei einem Independent Label einen Vertrag bekommen würde und kein Radio - oder Fernsehsender würde ihn spielen. Und ich will daran erinnern: Wenn wir Talente auf der Bühne haben wollen, wir auch Talente hinter der Bühne haben müssen - die Talente entsprechend fördern und ihnen Türen öffnen. Denn das ist eine mathematische Gleichung! Und eine Belebung der Musikszene wird es in unserer mediengesteuerten Kultur nur geben, wenn Redakteure und DJ´s neuen Talenten Aufmerksamkeit zukommen lassen, auch wenn sie noch keine Millionen Platten verkauft und keinen Grammy gewonnen haben. Und nicht zuletzt möchte ich daran erinnern, dass gute Kunst und gute Musik mehr ist als Entertainment - dem Zauberwort des heutigen Medienbetriebes. Man könnte das Wort Entertainment - also Unterhaltung - zynisch mit „einer kurzweiligen Art Zeit tot zu schlagen" übersetzten. Kunst muss sicher auch „entertaining" - unterhaltend sein - aber darüber hinaus ist sie unendlich viel mehr und substanzieller. Und daran wird sich letztlich eine Kultur oder Musikszene messen müssen, oder wir drohen in einem Kulturbankrott und einer Diktatur der Mittelmäßigkeit zu versumpfen.