Veröffentlicht im Schweinfurt Express am 30.01.2008 (www.swex.de)

Eckhard  Naujoks  verreißt  die  Superstar-Suche  musikalisch

Schweinfurt (30.01.2008) - Mehr denn je umstritten wie zugleich auch erfolgreich laufen seit einigen Wochen wieder jeden Samstag- und Mittwochabend auf RTL die Castingshows zu „Deutschland sucht den Superstar". Der aus Schweinfurt stammende Songwriter Eckhard Naujoks hat passend dazu nun eine Maxi-CD mit dem selben Titel veröffentlicht. Parallel dazu erschien mit „Dance with the Masters" ein neu produziertes Album des Sängers und Musikers, der darauf 13 englischsprachige Titel präsentiert.

 

„Mit blauen Augen und blondem Haar" werde der Superstar gesucht, reimt Naujoks im Refrain der Maxi. „Götzenkult leicht gemacht" ebenso, spricht vom „Sensationsgewitter in der Tiefebene" und von „der Marionettenphilosophie". Wir fragten ihn unlängst schon mal zu seiner Meinung über die Show und über den Dieter Bohlen-Kult. Hier auszugsweise nochmals seine Ansichten:

 

Frage: Du veröffentlichst eigentlich 2 CDs - die bereits erwähnte englische Langspielplatte "Dance with the Masters" aber zusätzlich auch noch eine deutsche Single mit dem Titel "Deutschland sucht den Superstar" - offenbar einer zynischen Abrechnung mit der Show. Was ist deine Meinung zu der Sendung?

 

Naujoks: Ich schrieb dass Lied, weil die "Star Search Staffeln" immer mehr als offizielle Plattformen für neue Talente gelten. Doch ich finde das absurd. Für mich sind diese Sendungen ein billiger psychologischer Trick, um eine hohe Einschaltquote zu erzielen. Beziehungsweise geht es um Berühmtheit um Berühmtheitswillen, aber nicht mehr um eine künstlerische Aussage. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Musiker wie Bob Dylan oder David Bowie in ihren Anfängen zu solchen Shows gegangen wären, weil sie in erster Linie mit ihren Songs kommunizieren wollten, und der Ruhm, den sie später erlangten, eher ein Nebenprodukt davon war.
Wenn man die Suche nach neuen Talenten objektiver angehen möchte, müsste man sich zuerst fragen: Wer hat denn in der Vergangenheit in der Rock und Pop Musik die entscheidenden Akzente gesetzt? Und die Antwort würde lauten: Es waren Songwriter! Es waren Songwriter wie die Beatles, die Rolling Stones, Bob Dylan, die Doors, Jimi Hendrix, Simon and Garfunkel, Cat Stevens, David Bowie, Bob Marley, Queen, Sting, U2, Prince, REM etc, um einige zu nennen, die der Rock und Pop Musik ein Gesicht gegeben haben. Daneben gibt es noch eine Geschichte der Entertainer, die keine, oder nur in unbedeutender Weise, Songwriter waren. Hervorragende Vertreter davon sind Frank Sinatra, Elvis Presley, Areatha Franklin, Robbie Williams etc. Doch konnten diese nur bedeutsam werden, wenn sie bedeutende Songwriter hinter sich hatten. Und wenn dem so ist, kommt man an der logischen Frage nicht vorbei: Warum konzentriert man sich bei der Suche nach neuen Talenten nicht auf die Songwriter?

 

Frage: Was braucht es deiner Meinung nach, um die Musikszene zu beleben? Was müsste anders gemacht werden als bei "Deutschand sucht den Superstar"?

 

Naujoks: Meiner Meinung nach braucht man überhaupt keine Superstars mehr. Die Welt hat sich an Superstars zu Tode gesehen. Und wenn man bedenkt wie Elvis 30.ster Todestag gefeiert wurde, macht das ja deutlich, dass die Stars der Vergangenheit noch sehr aktuell sind. Was aber hoffentlich nie auffhört, ist, dass Menschen sich kreativ ausdrücken, sich um Authentizität bemühen und ihr Potenzial entwickeln und dabei inspiriend auf andere Menschen wirken.

 

Frage: Aber wie sollen neue Talente und neue Lieder in die Gesellschaft kommen?

 

Naujoks: Das frage ich mich auch, denn der augenblickliche Medienbetrieb ist sehr vergangenheitsorientiert. Beispielsweise sagte man noch in den 80er Jahren, das Radio macht Hits. Heute spielen sie Hits. Fast jeder Radiosender spielt die "grössten Hits aller Zeiten" - landauf, landab das gleiche Programm.
Beim Fernsehen gab es in den 60/70er Jahren allein in Deutschland zahlreiche Musikshows, als es wohlgemerkt nur 2-3 Fernsehkanäle gab, in denen neue Talente vorgestellt wurden. Heute haben wir über 50 Fernsehkanäle und keine Musikshows mehr. Es gibt Videokanäle wie VIVA und MTV, aber es gibt keine Live-Shows mehr, die neuen Talenten eine Plattform geben. Und wenn es Musikshows gibt, dann sind sie entweder für etablierte Stars oder sie sind vergangenheitsorientiert, und man stellt beispielsweise die Hits der 80er Jahre vor.
Meiner Meinung nach wird die eigentliche Talentsuche nicht von Bohlen, Raab und Co. gemacht, sondern von den Medien im Allgemeinen. Und das bringt die Verantwortung für den Kulturbetrieb zu jeder Zeitung, jedem Radiosender, jedem Fernsehsender, damit sie den Weizen von der Spreu trennen. Die Talente auf der Bühne werden nur so gut sein, wie es die Talente hinter der Bühne sind - und ihnen Türen öffnen und zu einem Publikum verhelfen. Und wenn die Medien nicht gewillt sind, sich für die Besten unserer Zeit entsprechend einzusetzen, bereiten sie gleichzeitig das Feld für zweifelhafte Talente und einer "Diktatur der Mittelmässigkeit".

 

Frage: Wenn ich dich richtig verstehe, möchtest du zurück zu den Musikshows der 60/70er Jahre?

 

Naujoks: Huh, nicht zurück, es müsste natürlich zeitgemäss sein. Doch glaube ich, dass solche Live Shows die angemessenste Art und Weise sind, neue Talente vorzustellen, weil sie einen authentischen Eindruck vermitteln. Ich persönlich finde es schade, dass die Videokanäle das Ende für die Musikshows waren. Musikvideos können natürlich ein grossartiges Gesamtkunstwerk sein, das auch noch den visuellen Aspekt beinhaltet. Aber nicht selten werden sie dazu verwendet, davon abzulenken, dass die Musik gar nichts zu sagen hat. Auch lehne ich die Competitions und Wettbewerbe ab. Einmal, weil dabei die Jury mehr im Mittelpunkt steht als die vorgestellten Talente. Aber mehr noch, weil das ganze Vergleichen unsinnig ist. Die Aufgabe eines Künstlers ist es er selbst zu sein, authentisch zu sein, sein Potenzial zu entwickeln. Und wenn ein Künstler diese Aufgabe annimmt, macht ihn das einzigartig, jenseits jeder Vergleichbarkeit. Wenn die Menschen unbedingt einen Sieger bestimmen möchten, sollte man wenigsten alle anderen zu 2. Siegern machen, denn die absurden Ranglisten sind ein Verstoss gegen jeglichen guten Geschmack. Warum kann man es nicht machen wie in der Kabarett Szene, wo man die Kabarettisten ja auch nicht untereinander ausspielt und Sieger und Ranglisten ermittelt, vielmehr gibt man ihnen unbewerteter Weise 5 Minuten Zeit ihr Programm zu machen - und die Bewertung obliegt dann dem Publikum selbst. Ich finde es O.K., dass es diese "Star Search Staffeln" und sonstigen Wettbewerbe gibt für Leute, die dergleichen wollen. Aber ich finde es nicht O.K., dass es überhaupt keine Alternative dazu gibt, denn ich bin überzeugt, dass viele Menschen danach suchen.

 

„Jetzt leben wir" heißt der weite Titel auf der Maxi-CD, die Eckhard Naujoks selbst poduziert hat und deren Songs er zusammen mit Ron Spielman arrangierte. Aufgenommen wurde auch die große CD in einem Berliner Studio. Mit Andi Obiglo (Piano) und Michael Christof Schmitt (Violine) mischten neben Spielman weitere Musiker aus Unterfranken mit. Heraus kamen - wie bereits erwähnt - 13 Titel, die von „Rise above" über „Shine your light on me" und „A World too new to have a Name" bis zu „There is Nothing to fear" handgemacht und erdig sind, die gleichermaßen Gefühl wie Kraft zum Ausdruck bringen und das bisherige Leben eines bereits erfahrenen Menschen, aber noch jungen Musiker reflektieren.
Am 22. Februar, 20.30 Uhr, findet in der Schweinfurter Havanna Lounge eine CD-Release-Party statt.
Mehr unter www.eckhardnaujoks.com
Meldung vom: 30.01.2008 17:13 © Swex.de [miho]